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Auf Spur gebracht
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung des europäischen Bahnverkehrs wurde erreicht: Im September 2023 trat die neue TSI ZZS in Kraft. Kompatible Systeme, Techniken und Verfahren sollen die überwiegend nicht interoperablen europäischen Zugbeeinflussungssysteme harmonisieren. Dies soll die Kapazität, Sicherheit und Pünktlichkeit der Bahn in der Europäischen Union (EU) und im Transeuropäischen Verkehrsnetz erhöhen. Züge sollen von Paris nach Bratislava oder von Berlin nach Palermo durchfahren können, ohne dass Systemumstellungen erforderlich sind oder sich gar Triebfahrzeugführer:innen aufgrund von Landesgrenzen ablösen müssen.
Im Sinne der Klimaziele legte die Europäische Kommission bereits 2011 in ihrem Weißbuch fest, dass spätestens ab 2050 ein Großteil der Personenbeförderung über mittlere Entfernungen auf der Schiene abgewickelt werden soll. Mittelfristig, bis 2030, strebt sie eine Verdreifachung der Streckenlänge des bestehenden Hochgeschwindigkeitsschienennetzes und ein engmaschiges Schienennetz in allen Mitgliedstaaten an. Langfristig soll das Hochgeschwindigkeitsschienennetz der EU vollständig ausgebaut werden. Auch den Güterverkehr auf den Schienen will die EU-Kommission ausbauen.
Die Digitalisierung des Bahnverkehrs spielt eine entscheidende Rolle. Ein wichtiger Leitfaden für das Erreichen der Ziele ist die TSI ZZS. Allerdings sind darin noch nicht für alle Teilsysteme Spezifikationen festgelegt worden. Dafür bedarf es weiterer Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Unter anderem für die Teilsysteme Funkkommunikation und Datenkommunikation sind noch Spezifikationen notwendig.
Rollout ETCS
Um ETCS zu implementieren, sind einerseits umfassende bauliche Maßnahmen entlang der Schieneninfrastruktur notwendig. So müssen Gleise mit moderner Signaltechnik ausgestattet werden, um die präzise Übertragung von Daten zu gewährleisten, und die Stellwerke sind auf ETCS umzurüsten.
Andererseits benötigen auch die Fahrzeuge eine ETCS-kompatible Ausrüstung. In Zügen sind beispielsweise Sensoren und Kommunikationseinrichtungen einzubauen, um die Interaktion mit dem neuen System zu ermöglichen.
Bisher ist die Implementierung in den einzelnen Ländern unterschiedlich weit vorangeschritten. Als Vorreiter gilt die Schweiz, die so gut wie ihr ganzes Streckennetz auf ETCS migriert hat. Auch die Niederlande haben den Großteil ihres Netzes abgedeckt, darunter die Hochgeschwindigkeitsstrecken Amsterdam-Utrecht und Rotterdam-Arnheim. In Deutschland sind dagegen bisher nur etwa 500 Kilometer des Streckennetzes
ETCS-fähig, darunter etwa die Hochgeschwindigkeitsverbindung Köln-Rhein/Main. An der Strecke Leipzig-Dresden wird derzeit gebaut. 2030 sollen sämtliche Hochgeschwindigkeitsstrecken ETCS-fähig sein. Schweden will sein Netz bis 2035 umstellen.
Teilsystem FRMCS beschlossen
Durch ETCS werden den Triebfahrzeugführer:innen Informationen direkt auf das Driver Machine Interface (DMI) im Zugführerstand übermittelt. Dazu tauschen Eurobalisen im Gleisbett, Balisenantennen am Triebfahrzeug, Weichen und Stellwerke Daten aus. Das hat auch Auswirkungen auf den Zugfunk: Die Digitalisierung des Bahnsystems generiert weit höhere Datenmengen als der derzeitige Zugfunk GSM-R bewältigen kann. Dieser basiert auf der zweiten Mobilfunkgeneration (2G). Für die notwendige Echtzeitdatenübertragung zwischen Zug und Strecke reicht GSM-R allerdings nicht mehr aus.
In der nun in Kraft getretenen TSI ZZS ist erstmals festgelegt, dass FRMCS GSM-R auf lange Sicht ablösen wird. Für die Übergangszeit führt das TSI das Railway Mobile Radio (RMR) ein. Es umfasst beides: GSM-R und FRMCS – letzteres basiert auf 5G. (Mehr zu FRMCS lesen Sie auf Seite 4.)
Feldtests sollen weitere Spezifikationen für das FRMCS erbringen. Für ihre Durchführung hat der Internationale Eisenbahnverband UIC das Projekt MORANE 2 ins Leben gerufen. Bis 2026 werden hier Ergebnisse erwartet. Danach wird es eine weitere TSI geben, die FRMCS erstmals weiter spezifiziert. Die Festlegung auf FRMCS im vergangenen September gibt der Bahnindustrie die Möglichkeit, erforderliche Um- und Einbauten an Fahrzeugen und Strecken zu kombinieren und so die anfallenden Kosten und Streckensperrungen für die Baumaßnahmen zu reduzieren.