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Großer Digitalisierungsschub in der Bahnbranche
„Post InnoTrans – Welche Trends und Herausforderungen lassen sich im Bahnsektor erkennen?“ beleuchtete eine Expertenrunde im RailVoice-Webinar Themen wie präventive Instandhaltung, die Optimierung von Prozessketten und die Offenheit der Branche für neue Player.
Es hat sich einiges getan. Diese Aussage einte alle Fachkundigen, die im Rahmen des RailVoice-Webinars „Post InnoTrans“ über die InnoTrans 2022 und die Trends und Herausforderung im Bahnsektor diskutierten. Moderator Nikolas Schmölz (tetraversity media GmbH) hatte neben Helmut Hohenbichler vom Veranstalter Boom Software AG noch Claudia Skerbinz (Siemens Mobility Austria GmbH), Christian Kühnast (DB Cargo AG) und Florian Geishofer (ÖBB-Produktion GmbH) eingeladen sowie Dr. Martin Zsifkovits. Der Innovation Director der Molinari Rail GmbH sprach an, was ihm während der InnoTrans 2022 aufgefallen war: „Ich glaube, das Thema Digitalisierung und ihr Potenzial ist jetzt auch in der breiten Masse angekommen“, sagte er. Während in den vergangenen Jahren eher darüber diskutiert wurde, ob Digitalisierung sich bei bestimmten Assets überhaupt noch lohne, habe sich die Denkweise inzwischen in die Richtung entwickelt, alte Flotten noch umzurüsten, um das Maximum herauszuholen, anstatt zu warten, bis sie abgeschrieben sind.
„Von der vorletzten zur letzten InnoTrans gab es einen sehr großen Sprung“, sagte auch Helmut Hohenbichler von Boom Rail Solutions, der seit über 30 Jahren die Entwicklung der Weltleitmesse für Verkehrstechnik verfolgt. Sowohl die Aussteller als auch die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) hätten die Zeit in den vergangenen Jahren intensiv genutzt und eine Verschmelzung der Prozesse, unter anderem durch Digitalisierung, vorangetrieben. „Wenn man dem Pandemie-Thema etwas Positives zuschreiben kann, dann wäre es eine große Öffnung und Akzeptanz gegenüber der Digitalisierung und ein Aufbruch aus den historischen Strukturen“, sagte er.
Kreative Ideen durch Start-up Unternehmen
Claudia Skerbinz ist die Vielzahl an neuen Playern positiv aufgefallen, besonders in den Bereichen Software und IT: „Es ist so wichtig, dass wir eine Durchmischung zwischen Eisenbahn mit IT haben und neue Personen und Unternehmen, die kreativ denken“, sagte die Head of Portfolio Unit Passenger Coaches der Siemens Mobility Austria GmbH.
Auch Christian Kühnast von DB Cargo bemerkte viele Start-ups, die die Chance sehen, den Markt aufzumischen, Prozesse aufzubrechen und neu zu gestalten. Der Senior Digital Project Manager, der vor zehn Jahren seine erste InnoTrans erlebt hat, freute sich vor allem über die Inspirationsmöglichkeiten auf der Messe. „Auf der InnoTrans kann man ja Wochen verbringen, man sieht so viele Produkte, die im Bahnumfeld gebraucht werden, an die man nicht immer so denkt“, sagt er. „Es ist interessant, mal aus dem Hamsterrad herauszukommen und zu schauen, wie man Probleme auch anders lösen kann.“
Digitalisierung als Unterstützung für präventive Instandhaltung
Gemeinsam diskutierten die Beteiligten den Einsatz von unterschiedlichen Kraftstoffen, die Optimierung von Prozessketten, Wartungsprozessen und das Thema Life Cycle. Wie können Fahrzeuge im Betrieb optimiert werden? Wie können Energie sparende Lösungen integriert werden? „Das große Ziel ist, dass das Fahrzeug wie in der Flugbranche entweder fährt, Kunden transportiert oder in der Wartung oder Reinigung ist“, sagte Florian Geishofer, Leiter Lean- und Performance Management der ÖBB-Produktion GmbH. Deshalb müssten alle Themen rund um die Fahrt gut geplant und präventive Instandhaltungslösungen entwickelt werden. Christian Kühnast teilte seine Vision, Daten bestmöglich zu nutzen, um den Ausfall eines Fahrzeugs antizipieren zu können. Er stelle sich vor „wie beim Boxenstop bei der Formel 1“, erklärte er, „dass alles schon vorbereitet ist, um die Lok so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen, um dann auch Geld zu verdienen.“
Vergleichbare Daten durch Branchenstandards
Die Güte der Daten ist in dieser Hinsicht von großer Bedeutung. Claudia Skerbinz wünschte sich als Herstellerin einen intensiveren Austausch mit den Betreibern, um gesammelte Daten an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen: „Wir können Milliarden Daten erzeugen und wir brauchen digitale Anwendungen“, sagte sie, „die müssen aber Sinn machen, damit wir Prozesse und Daten miteinander verknüpfen können.“
Branchenstandards und Simplifizierung hielten alle Beteiligten für sinnvoll. „Es wird schwer, Daten vergleichbar zu machen, wenn jeder seinen eigenen Sensor verbaut hat, der andere Daten liefert“, erklärte Christian Kühnast. „Wir haben Eisenbahnunternehmen mit breiter Flotte von unterschiedlichen Fahrzeugherstellern mit unterschiedlichen Daten, die nur zum Teil kompatibel sind“, erklärte Helmut Hohenbichler. „Das muss bei einer Ausschreibung schon von Beginn an mitgedacht werden, damit wir diese Infos so zusammenzufassen, dass sie qualifizierte Meldungen abgeben.“